Page 17 - Heiligenhauser Magazin 1-2021
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   ckend kunstvollen Ausdruck. Bekannt und abgedruckt in den Fachenzyklopädien sind wesentliche Kunstwerke von Albrecht Dürer und Lucas Cranach. Weltweite Berühmtheit und Vorbildcharakter erhielt der 1513/15 entstandene Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Das Kunstwerk gilt innerhalb der abendländischen Kultur als ergreifends- te bildnerische Passionsdarstellung. In der Musik fand die Osterbotschaft vor allem durch die Kompositionen der Matthäus- und Johannespassion von Johann Sebastian Bach (18. Jahrhundert) unsterbliche sakrale und unter die Haut gehende Tonwelten. In der Moderne wurde die Rock-Musik „Jesus Christ Superstar“ von Andrey Loyd Webber ein Welterfolg und auf den internationalen großen Freilichtbühnen werden Passions- spiele bis heute umjubelt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es für die bildenden Künstler eine besondere Blüte- zeit. In den kriegsführenden Ländern, vor allem in Deutschland, waren viele Kirchen zerstört und mit ihnen unwiederbringliches Kunst- und Kulturgut innerhalb der theolo- gischen Verkündigungen und Botschaften. Nun wurde es die avantgardistische Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die sich nicht mehr primär am Gegenständ- lichen informierte sondern abstrakt in den Gotteshäusern die wesentlichsten sakralen Inhalte der einzelnen Konfessionen beein- druckend in Farben und Formen interpretier- ten und die architektonischen Innenräume zum Gesamtkunstwerk christlicher Prägung werden ließen. Kunst im Kirchenraum ist weitgehend anderen Gesetzen unterworfen als die sogenannte freie Gestaltung. Sie ist nicht ohne weiteres herauslösbar aus der Synthese des gegebenen Ortes in einheit- licher Verbindung mit dem Raum und der Liturgie. Denn letztlich schöpft die sakrale Kunst hieraus ihre genuine (unverfälschte) Kraft. Und diese dürfte nur im Kirchenraum erlebbar sein. Dieser Erkenntnis stellten sich immer wieder – zum Glück auch in
Heiligenhaus – die international bekannten, vielfach ausgezeichneten und vom Katho- lizismus geprägten folgenden deutschen Künstler: der Glas-, Wand- und Tafelmaler Hermann Gottfried (1929 -2015), der Glas- maler Wihelm Buschulte (1923-2013) und der Bildhauer Karl Matthäus Winter (1932- 1217). Sie schufen innerhalb der christli- chen Avantgarde faszinierende Perlen der sakralen Kunst.
Wilhelm Buschulte gestaltete in den 70er Jahren die erlesen schönen Glaskunst- fenster in der neogotischen Pfarrkirche St. Suitbertus. Der Künstler entschied sich im Sog der Ungegenständlichkeit, der freien Malerei seiner Zeit, gegen die Ausarbeitung von Figuren und für tektonischen (beweg- ten) Bildaufbau. Er betrachtete die Werke als Sinnbild paradiesischer Realität. Für ihn waren christliche Heilsgeheimnisse Myste- rien, die er in abstrahierten oder abstrakten Formen symbolträchtig deuten oder sicht- bar machen wollte. Es ging ihm nie um eine leicht ablesbare illustrative Wiedergabe son- dern um die Visualisierung christlicher Mo- tive, die in den 13 neogotischen Glaskunst- fenstern zu lyrischen Schöpfungen wurden. Buschultes künstlerisches Credo zwingt jenseits aller oberflächlichen Wahrnehmung zur intensiven Auseinandersetzung des Betrachters. Das war Ziel des Künstlers. Es gelang ihm im künstlerischen Prozess ein faszinierender Beitrag zur architektonischen Symbolik dieser neogotischen Pfarrkirche St. Suitbertus – und das in gelungener Symbiose von Raum und Kunst.
Die im typischen Stil der 60er Jahre erbaute schlichte St Ludgerus Pfarrkirche enthält im Innenraum sakrale Kunstschätze von hohem Rang. Kreatives Schaffen als Suche nach den letzten Dingen des Seins bildet bei den beiden ausführenden Künstlern, dem Glas-, Wand- und Tafelmaler Hermann Gottfried und dem Bildhauer Karl-Matthäus Winter den eigentlichen Impetus zur Ausei-
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