Page 72 - Heiligenhauser Magazin 1-2021
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Welttag des Buches
Bücher – die ältesten Medien der Welt – sind das Gedächtnis der Menschheit. Ihren Inhalt betrachten oft Rassisten und Extremisten als gefährlichen Störfaktor und drohen mit Vernichtung wie im Dritten Reich.
Ohne die schriftliche Fixierung von der Entwicklung über Ton- und Steintafeln,
über Rollen, Kodexe bis zur Erfindung von beweglichen Lettern des Buchdruckes hätte die Menschheitsgeschichte nicht überliefert werden können. Das Phänomen der Leiden- schaft für das Bewahren und Sammeln von Wissen war grundlegende Motivation für die Überlieferung der abendländischen Zivilisa- tion. Im Bewusstsein um die Wertigkeit des Buches auch im digitalen Medienzeitalter, proklamierte 1995 die UNESCO den 23. April zum Welttag des Buches. Ein Aktionstag zur Leseförderung für Bücher, für die Kultur des geschriebenen Wortes und auch für die Rolle der Autoren. Das Datum hat katalanischen Ursprung. Dieser Tag wird zu Ehren des Hei- ligen Georg gefeiert und man verschenkt an Freunde Rosen und Bücher. Dieses Datum ist auch der Todestag von zwei großen abend- ländischen Dichtern, von William Shakespe- are und Miguel Cervantes. Weltweit wird der Tag als Leseförderung in Schule, Theatern und kulturellen Institutionen gefeiert und Bücher werden in Millionenhöhe , vor allem aber immer an Kinder der 4. und 5.Klassen, verschenkt. Alles unter dem Motto „Wir feiern das Lesen“: Tolle und lobenswerte Aktionen, die den Wert des Buches und Lesens immer wieder in den Mittelpunkt stellen
Darüber aber darf nicht vergessen werden wozu totalitäre Staaten in der Lage sind. Denn nur wenige Tage nach dem Welttag des Buches folgt das Datum 10. Mai, an welchem vor fast 90 Jahren der schlimmste
      und dunkelste Vernichtungskrieg gegen
die deutsche Literatur, einem einzigartigen Kulturgut, in die Annalen einging. Eine der ersten Maßnahmen der nationalsozialis- tischen Partei – die am 30. Januar 1933
an die Macht kam – befasste sich mit der Entfernung „schädlichen und unerwünschten Schrifttums aus den Öffentlichen Bibliothe- ken“. An allen Hochschulen wurden am 10. Mai 1933 Kundgebungen voller aufgeladener Hetze gegen liberale, demokratische und jüdische Inhalte innerhalb deutscher Literatur abgehalten. Teilweise unter Begleitung ihrer Professoren in Talaren zogen die NS-Stu- denten in Fackelzügen zu den vorbereiteten Buch- Verbrennungsorten. Unter „dem Jubel der Menge spielten SA- und SS-Kapellen vaterländische Weisen und Märsche“. Nach nationalsozialistischen Feuerreden und
unter Zurufen wie „Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall. Für Zucht und Sitte in Familie und Staat übergebe ich der Flamme die Schriften von ...“ wurden mehr als 20.000 Bücher „als symbolischer Akt“ ein Opfer der Flammen. Verbrannt wurde fast alles, was 1933 als zeitgenössische deutsche Literatur in der Welt anerkannt und bewundert wurde.
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