Page 10 - Heiligenhauser Magazin 1-2023
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or 90 Jahren
 Die dunkelste und grausamste
Epoche innerhalb Deutschlands
Vor 90 Jahren als Adolf Hitler zum Reichs- kanzler gewählt wurde und die Nationalso- zialisten an die Macht kamen, begann die grausamste Zeitepoche innerhalb der deut- schen Geschichte. Die Machtstrebungen der Diktatur führten letztlich zum tödlichen Weltkrieg und zur Massenvernichtung „un- werten Lebens“ der Ermordung von mehr als 6 Millionen Menschen, 90 % Juden: erschossen, vergast, verbrannt. Bereits kurz nach der Machtergreifung legitimiert durch die Nürnberger Gesetze. Erst vor wenigen Wochen, am 27. Januar gedach- ten die Medien, politische und christliche Gremien mit Informationen, Gedenk- und Mahnfeiern an die 1945 erfolgte Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz durch die Rote Armee. Das in Polen liegen- de Konzentrations- und Vernichtungslager Ausschwitz mit etlichen Außenstellen,
vor allem dem Barackenlager Birkenau, existierte von 1940-1945 und wurde zur größten Todesmaschinerie der deutschen Geschichte. Seit 1996 wird der Befreiungs- tag in Deutschland und seit 2005 interna- tional der öffentlich begangene Tag des Gedenkens und der mahnenden Erinnerung an das „Nie wieder“ begangen.
Ich werde am Gedenktag Jahr für Jahr immer wieder an eines der grausamsten Erlebnisse meines Lebens Anfang des
20. Jahrhunderts erinnert, als ich mit einer befreundeten Internistin das Tor des Hauptlagers Auschwitz mit der höhnenden Aufschrift „Arbeit macht frei“ durchschritt. Ein Hauch von Eiseskälte durchfuhr mich mit fühl- und sichtbarem Grauen. Hohe Stapel von Schuhen, Brillen, Haaren und anderen Utensilien gaben Zeugnis von der
Vernichtung weit über 1 Million Menschen, 99 % Juden, die ihrer Rasse und ihres Glau- bens wegen bestialisch ermordet wurden, im Stammlager teilweise erschossen und im Außenlager Birkenau vergast und ver- brannt in den dunklen Höhlen der Krema- torien. In den Vergasungsräumen meinte man das Giftgas noch zu riechen und vor den Öfen das Knistern der Flammen. „Nie wieder, nie wieder“, flüsterte meine Freun- din blass und war der Ohnmacht nahe. In mir reifte der Entschluss zur lebenslangen Aufklärung über die falschen Ideologien innerhalb des grausamen Holocausts des deutschen Dritten Reiches. Hierzu gab mir meine 30-jährige ehrenamtliche Tätigkeit im Stadtmarketing bis heute immer wieder Gelegenheit.
Zuerst aber war Forschung angesagt. Denn Anfang des 20. Jahrhunderts, 50 Jahre nach Kriegsende, lag die Geschichte der Heiligenhauser Juden immer noch
im Dunkeln. Im Stadtarchiv fand ich die ersten Spuren. Bereits im 19. Jahrhundert siedelten im Dorf Heiligenhaus die ersten Juden, eine Familie Jacobs. Der Stamm- vater Salomon führte in der Hauptstraße, nahe dem heutigen Rathauscenter eine Sanitärhandlung und er war Mitbegründer der Heiligenhauser Feuerwehr.
Just in jenen Tagen klopfte ein Mitstreiter im Stadtmarketing an meine Tür , es war Rolf Watty, leitender Richter am Landge- richt Wuppertal. Er stellte mir eine etwas ängstliche Dame jenseits der 60 vor: Luise Jacobs, die Enkelin von Salomon Jacobs und die Tochter von Arthur Jacobs der
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als erster der in Heiligenhaus lebenden Juden ermordet wurde, vergast im öster-
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